Abt. Schicksale: Richard der Atheist

17.05.2014 11:41

Aktuelles Foto von Richard

Richard war schon als Baby so hässlich, dass es niemand über das Herz brachte, ihn süß zu finden. Seine Mutter liebte ihn trotzdem. Erfolgreich verhinderte sie, dass sein Vater Richard an den städtischen Zoo verkaufte. 

Als Richard sieben Jahre alt war, hatte er zum ersten Mal Religionsunterricht in der Schule. Dort erfuhr er, dass Gott den Menschen nach seinem Ebenbild geschaffen hat. Als aufgeweckter Junge schloss Richard sofort und messerscharf, dass Gott keinesfalls Mr. Universum sein konnte - und wenn doch - , dass er selbst dann nicht nach Gottes Ebenbild geschaffen worden war. Am Nachmittag desselben Tages gegen 15.00 Uhr wurde Richard Atheist. Fortan widmete er sein Leben dem Kampf gegen christliche Symbole im öffentlichen Raum. 

Da Richard nach rein menschlichen Maßstäben kein Dummer gewesen war, schaffte er es als Erwachsener sogar, Professor in Ochsenfurt zu werden. Im Laufe seines Lebens hatte er andere hässliche Menschen kennengelernt, deren Mütter ebenfalls hatten verhindern können, dass ihre Väter sie an den städtischen Zoo verkauft hätten. Mit denen schloss er sich zusammen und gründete einen Club, der sich "Aufgeklärte Humanisten" nannte. "Gemeinsam sind wir stark", wurde das Motto ihres Vereins. So stark, dass sie in ihrem Clubhaus Spiegel geduldet hätten, wurden sie aber nie. 

Trotzdem schafften sie es, unter den Christen ihrer Umgebung Unruhe zu stiften, indem sie dazu aufforderten, aus den Klassenräumen von Schulen, aus den Gerichtssälen und von den Berggipfeln die Kruzifixe und die Gipfelkreuze zu entfernen. Christliche Symbole hätten im öffentlichen Raum nichts verloren, argumentierten sie. Religion sei Privatsache und Bayern sei schließlich ein säkularisiertes Land, in dem der Atheismus geschützt werden müsse. Das gefiel den Christen gar nicht und sie geigten dem hässlichen Richard ordentlich die Meinung.

"Halt´s Maul, du hässlicher Richard!", riefen sie. "Dein Atheismus ist deine Privatsache! Unsere Kruzifixe und unsere Gipfelkreuze gibt es schon viel länger als es dich, deine Hässlichkeit und die Befindlichkeitsstörungen deiner Freunde gibt! Wir wollen die Traditionen unserer Heimat beibehalten! Nicht nur bleiben die Kruzifixe und die Gipfelkreuze da, wo sie sind, nein, wir werden auch weiterhin unsere Karfreitagsprozessionen im öffentlichen Raum abhalten! Und unsere Kirchturmglocken werden auch weiterhin den öffentlichen Raum beschallen!" 

Da sannen Richard und seine Freunde auf Rache. Bei den Gottlosen ist Rache nämlich die natürlichste Sache der Welt. Die Christen selbst hatten ihnen wieder einmal das Stichwort geliefert. "Öffentlicher Raum" - das war es. War nicht eigentlich alles öffentlicher Raum, von den Privatwohnungen der Leute abgesehen? Doch, war es. Da wäre es doch nur konsequent, dachte sich Richard, wenn man gleich die Kirchen der Christen abreißen würde. Das waren schließlich auch Symbole des christlichen Aberglaubens im öffentlichen Raum. Der Dom zu Würzburg, das Käppele, die Wieskirche bei Steingaden, die Lorenz- und die Sebalduskirche in Nürnberg - alles monströse Symbole des christlichen Aberglaubens in einem säkularisierten Land. Weg damit! Die ganze sakrale Kunst in diesen ärgerlichen Baudenkmälern der christlichen Intoleranz - weg damit! Alles öffentlicher Raum! Scheiß auf die Kulturgeschichte! Sprengstoff und Preßlufthämmer her im Namen des atheistischen Toleranzdiktats!

Eines Morgens wurde Richard von Kirchgängern dabei erwischt, wie er mit Steinen die jahrhundertealten Buntglasfenster der Stadtkirche einwarf. Da war es mit der Toleranz dieser Christen schlagartig vorbei. Sie prügelten dem hässlichen Richard das Hirn aus der oberschlauen Birne. Seither ist Richard nicht nur hässlich, sondern auch noch ein staatlich anerkannter Vollidiot mit einem hundertprozentig säkularen Behindertenausweis.