Abt. Himmelsrichtung: Links, Rechts & Vorne
Die Tageszeitung DIE WELT fand neulich viel Zustimmung für eine Werbekampagne, in der sie die Behauptung aufstellen ließ, die Welt gehöre nicht denen, die nach links und nach rechts schauen, sondern denen, die nach VORNE blicken. Diese Behauptung scheint salonfähig geworden zu sein. Sie ist mir nämlich auch schon andernorts begegnet. In der deutschen Männerrechtsbewegung, bzw. dort, wo man sich für eine solche hält, mehren sich ebenfalls die Stimmen derjenigen, die das Links-Rechts-Schema durchbrochen sehen wollen. Wegen des gemeinsamen Zieles und wegen der Spaltung, die jenem Schema innewohnt. Ziele liegen bekanntlich immer vorne, da, wo die Zukunft wohnt. Weiß der Kuckuck, woher eine solche "Gewißheit" kommt.
Das "Links-Rechts-Schema"
Im allgemeinen Verständnis der Bundesdeutschen bildet "Rechts" im politisch verstandenen Sinn den Gegensatz zu "Links". Nazis sind diesem Verständnis nach das Gegenteil von Sozis. Die einen eben "rechts" und die anderen "links". Das ist grotesk. Und zwar grotesk falsch.
Der Begriff "Nazi" wird deswegen so gerne verwendet, weil er als Abkürzung für das Wort "Nationalsozialist" das Wort "Sozialist" so elegant verschwinden lässt. Tatsächlich sind nämlich diejenigen, die in Deutschland als "Rechte" bezeichnet werden, eigentliche Linke. Und zwar Braunlinke. Damit haben sie mit den Rotlinken, den Sozis, mehr gemeinsam, als mit denjenigen, die noch in den Zwanziger Jahren des 20.Jh. als Rechte bezeichnet worden sind: Die Konservativen.
Mit der perfiden sprachlichen Unterteilung von Braunlinken und Rotlinken in "Links" und "Rechts" ist es den Nachkriegs-Rotlinken gelungen, zwischen sich und ihre braunlinken Brüder im roten Ungeiste eine Distanz zu legen, die bei genauerem Hinsehen nicht exisitert. Der einzige Unterschied zwischen Brauen und Roten ist, daß Erstere Nationalsozialisten - und Letztere Internationalsozialisten sind.
Die Überwindung des eingebildeten Gegensatzes
Die wahren Rechten hierzulande, also die Konservativen, sind eine verschwindend kleine Mnderheit, die von den Rotlinken mit den Braunlinken in einen Topf geworfen werden. Sehr zum Vorteil der Rotlinken und für sonst gar nichts. Die politische Kraft nämlich, die sowohl den rotlinken als auch braunlinken Dogmen ein fundamental anderes Verständnis vom Verhältnis des Individuums zum Staat und umgekehrt gegenüberstellen könnte, wären die Konservativen. Denen aber wird durch die perfide Diffamierung als Braunlinke jede Bühne unter den Füßen weggeschossen.
Wer also die Überwindung des Rechts-Links-Schemas fordert, der hat unter einer Prämisse Recht - und unter einer anderen Unrecht. Sollte er mit der Forderung nach einer Überwindung dieses Schemas meinen, daß das "Untermenü Braunlinke" endlich im Hauptmenü "Linke" einsortiert wird und so die Einbildung einer inexistenten Distanz überwunden werden soll, dann hätte er Recht. Unrecht hätte er aber, wenn er damit meint, daß der Unterschied zwischen der rotbraunen Gesamtlinken und den Konservativen überwunden werden soll. Das ist nämlich ganz einfach undenkbar. Die Unterschiede sind schließlich fundamental.
Wo ist vorne?
Die Unterstellung, daß das Heil (Entschuldigung!) "vorne" liege, da also, wo aus progressivistischen Gründen die Zukunft vermutet wird, ist in Wahrheit eine Nullaussage. Wäre das Recht schwachsinnig, dann könnte der Konservative mit demselben Recht behaupten, die Zukunft liege "oben". Für einen gläubigen Christen läge das Ziel, so er eine solche Richtungsüberlegung überhaupt anstellt, verständlicherweise eher "oben bei Gott im Himmel", als "vorne bei den Fortschrittlichen in der Zukunft". Das Ziel des Christenlebens ist nunmal der Himmel. Die Zukunft des Fortschrittlichen ist sowieso eine höchst irdische Angelegenheit, da er keine Aussage darüber zu machen bereit ist, wo denn die Zukunft nach seinem Tod liegen soll. Im Nichts wahrscheinlich. Nichts existiert aber nicht - und in etwas, das nicht existiert, kann auch nichts liegen. Allein der Satz "Es ist nichts" ist völlig undurchdacht. Entweder etwas ist - oder es ist nicht. Nichts ist aber auf keinen Fall. Nichts nicht-ist! Aber ich schweife ab ...
Der Weg und die Optionen
Die Zeit schreitet unaufhaltsam fort. Das hat der Mensch so festgelegt, weil er den irdischen Verfall kennengelernt hat. Zeit ist also etwas zutiefst subjektivistisches. Zeit ist nicht, sondern der Mensch braucht sie. Zu seiner Orientierung und nur deswegen. Wir befinden uns also zeitlich gesehen auf einem "Weg". Wege haben in aller Regel Abzweigungen, die man entweder nehmen kann oder nicht. "Falsch abgebogen!" ist ein Seufzer, den man oft zu hören bekommt von Leuten, die auf dem Weg irgendwo hin sind - und sei es, daß sie bloß nach "vorne" wollten.
Was tut also einer, der falsch abgebogen ist? Er legt den Rückwärtsgang ein und fährt zurück zu dem Punkt, an dem er falsch abgebogen ist. Oder er wendet, wenn er zu weit zurückstossen müsste, um an diesen Punkt zurück zu gelangen. "Vorne" als Zielangabe ist also nicht zu jedem Zeitpunkt der Reise auf einem Weg die richtige Richtung. Deswegen ist die Verheißung, das Glück gemeinsam im "vorne" zu erblicken, qualitativ nicht viel besser als das Flötenspiel des Rattenfängers von Hameln.
"Zurück" ist eine denkbare Option auf dem Weg nach "vorne" und ebenso eine Option für den Weg nach "oben". Für einen Weg in ein inexistentes "Nichts" ist die Richtung egal, weil schon der Weg völlig überflüssig ist. Das ist sowieso sinnloses Strampeln im luftleeren Raum.
Also was dann?
Befreiung von jedweder Ideologie! Renaissance des Konservativen. Der Konservative will nicht "nicht nach vorne", sondern er will bloß das bewahren, was immer gilt - und es mitnehmen auf seinem Weg durch die Zeit zum Ziel. Immer gilt, daß jeder Mensch sein eigenes Leben leben muß und nicht alle gemeinsam ein identisches. Das macht die Unterscheidung von "links" und - im richtigen Sinn verstandenen - "rechts" so fundamental wichtig! Diesen Unterschied zugunsten eines gemeinsamen und überaus ominösen "Vorne" zu verschütten, ist derartig unintelligent, so dermaßen unpraktikabel, daß man sich wirklich fragen muß, ob diejenigen, die behaupten, "links" und "rechts" müssten zugunsten eines "vorne" überwunden werden, noch alle Tassen im Schrank haben. Aber soviel ist jedenfalls klar geworden: An die Hellsten richtet sich die Werbekampagne der WELT nicht.